Stille.
Endlos.
Und alles verschwimmt.
Den Schmerz nicht mehr ertragend, unfähig mit ihm umzugehen und den weiten Ranken seiner maliziösen Auswirkungen nicht mehr entkommend;
- hechelnd von einer Ablenkung zur nächsten.
Bloß nicht nachdenken.
Nicht denken.
Nicht erinnern.
Nicht träumen.
Am liebsten jede einzelne Zelle des Gehirns abschalten, vielleicht nur noch vegetieren, nichts weiter als auf die Funktionsweise des Metabolismus beschränkt, in irgendeinen Käfig gesperrt werden und geistlos auf das bedeutungslose Ende warten.
Ein Mittelweg, um denen gerecht zu werden, die einem noch nicht vollends egal geworden sind, und der Abscheu gegenüber allem, was existiert, insbesondere einem selbst.
Herausforderungen, an denen man einst so vielversprechend zu wachsen schien, zerbrechen zu einem Haufen zerschlagener Illusionen; erkennend, dass man jedes Mal ein weiteres Stück mehr kaputt gegangen ist.
Und kaum regt sich das Gemüt zu einem winzigen Funken Hoffnung und Enthusiasmus, wird dieser doch sogleich von dem zähen, dicken - mal grauen, mal schwarzen - Nebel erstickt und man bleibt am Boden kleben, auf dem man zuvor gnadenlos zerschellte.
Alles ist so bedeutungslos.
Was nützt noch Wehklagen, Gejammere und läppisches Rumheulen? Was nützen all die Anstrengungen, die man unternommen hat, um die Schatten, die sich den eigenen selbstzerstörischen Klauen entrissen haben, zu bändigen?
Nichts hilft.
Nichts wird besser.
Egal, was man auch tut.
Es wird alles bloß schlimmer.
Den Mund unlängst dusselig geredet, müde und motivationslos noch irgendetwas - selbst banalstes - auszusprechen, oder zu tun, lustlos auch nur einen einzigen weiteren sinnlosen Atemzug im Sumpf der dekadenten Lethargie zu tätigen, bekommt man vielleicht noch hier und da Mut zugesprochen, oder eine helfende Hand gereicht. Doch man selbst kann dafür nicht mehr erübrigen als mit Mühe zusammengekratzte - womöglich geheuchelte - Worte der Dankbarkeit und Wertschätzung - allerdings mit dem Vorbehalt der Ablehnung; denn zu oft hat man genau das schon erlebt und versucht. Wie ein Wahnsinniger, der in irrtümlicher Erwartung eines anderen Ergebnisses, stets ein und das selbe immer und immer und immer wieder tut. Aber irgendwann - wenn man sich bereits in einem Zustand befindent, der kaum noch als "Depression" bezeichnet werden kann, da man darüber längst hinaus ist und sich in einem emotionalen Brachland die Beine gebrochen hat, in dem weit und breit nichts und niemand ist, was auch nur im Geringsten eine realistische Möglichkeit auf Besserung versprechen kann - hat man einen Punkt erreicht, ab dem auch jener Wahnsinn nicht mehr nützt, um einem den Antrieb und das Gefühl für Leben zu geben. Man sackt ausgelaugt, erschöpft, sämtlicher Energien beraubt zusammen und verkommt zu etwas, das nicht mehr ist als ein lebloser Klumpen Fleisch.
Recht früh geraten auch jene erst so freundlichen und hilfsbereiten Menschen an ihre Grenzen und verharren aufgrund Ahnungslosigkeit in Machtlosigkeit, sodass sie einen nur noch mitleidig ansehen können; als ob man von Mitleid nicht schon mehr als genug hätte, da man viel zu viel Zeit auch damit vergeudet hatte in erbärmlichen Selbstmitleid zu versinken. Doch es ist nicht ihr Fehler, sie können nichts dafür.
So verstummen auch ihre Stimmen.
Und das einzige noch hörbare, ist der chaotische Sturm der Gedanken - wenn er denn da ist. Denn ansonsten herrscht auch im Geiste nur eine unsagbar breite und stickige Leere.
Die Wahrnehmung trübt sich, als würde man von einem depersonalisierenden Schleier umhüllt werden und schleichend den Bezug zur Realität verlieren, sodass man sich letztlich in einer eigentümlichen Zwischenwelt verirrt, welche einen vergessen lässt, wer man ist und wer all die Gesichter um einen herum sind. Ebenso verliert man sein Gefühl für sich und seine Umwelt, als würde man die biologischen Signalleitungen kappen.
Alles relativiert sich, alles wird uninteressant, unwichtig, unbedeutend, egal.
Man ist präsent, aber doch nicht da. Körper und Geist getrennt. Das eine nur noch ein entseeltes Tier, das andere scheinbar ausgelöscht, doch verloren in endloser Finsternis.
Und das schlimmste dabei ist: Es ist einem egal, dass einem alles egal wird.
Ohnehin darin bestrebt nicht mehr zu denken und nicht mehr zu sein; ein passiver Beobachter seiner selbst.
Stumm und taub.
Auch die Menschen, die man einst liebte und die einem wichtig waren, verlieren daher an Bedeutung. Der Bezug zu ihnen schwindet, man schweigt nur noch und findet nach einiger Zeit lediglich den Staub, zu dem die gemeinsamen Chroniken zerbröselt sind. Und das oft sogar bloß einseitig.
Denn man zieht sich zurück, sperrt sich ein in seinem ersehnten Käfig, meidet den Kontakt und versucht bewusst, oder unbewusst mit den Schatten zu verschmelzen. Und wenn sich doch eine kurze Interaktion ergibt, flüchtet man, versucht ein baldiges Ende dieser zu erwirken. Denn wenn nicht die Lethargie der Grund dafür ist, so ist es Ekel. Man ist angewidert von jenen - wenn nicht allen - Menschen und letztlich von sich selbst, da sie einen an die Dinge erinnern, die man vergessen will. Sie sind Teil dessen, weshalb man nicht mehr denken will. Obgleich so manchen von ihnen keine direkte Verantwortung und damit Schuld zulasten gelegt werden kann, sind sie dennoch unfreiwillig damit verknüpft.
Manchmal verfängt man sich dann wieder in "Was wäre wenn...?"-Fragen und bereut viele seiner Entscheidungen vielleicht, da es irgendwo noch einen kümmerlichen Rest dessen gibt, wer man einst war, und dies Grund genug dafür ist, sich bessere Zustände zu erträumen.
Doch dann sind da wieder das Angewidertsein und die Lethargie.
Letztenendes macht es sowieso keinen Unterschied.
Wir enden, wie wir begonnen haben: bedeutungslos.
Was bleibt einem dann also noch anderes Übrig, als das jämmerliche und bedeutungslose Ende herbeizusehnen?
Nichts mehr sehen.
Nichts mehr hören.
Nichts mehr fühlen.
Nicht mehr denken.
Nicht mehr sein.
Und dennoch macht man weiter, zwingt sich durch den nächsten sinnlosen Atemzug, würgt das nötigste an Nahrung herunter, um nicht zu krepieren, da der kümmerliche Rest es ist, welcher einem noch irgendwo einen Grund gibt weiterzumachen. Aber nicht aus allzu persönlichem Wunsch, sondern um diejenigen, die einem bis dahin noch nicht egal geworden sind, nicht so unverzeihbar zu verletzen.
Man findet sich damit ab in eine Welt abzudriften, welche nicht die ist, in welcher die anderen leben, und führt nur eine Farce auf, um zu suggerieren, dass alles schon irgendwie in Ordnung sei.
Vielleicht kann man sich darauf festfahren zu einer seelenlosen Arbeitsmaschine zu mutieren. Nur noch funktionieren, wie es erwünscht, oder erwartet wird, doch ohne jeden Elan, ohne mit seinem Geist und seinem Herz wirklich dabei zu sein. Hauptsache man springt nicht vor den nächsten einfahrenden Zug.
Seelisch tot, aber biologisch am leben.
Ein Seelenzombie im Alltag. Das Hirn, den Verstand, die Persönlichkeit und den Charakter irgendwo tief unter der Dunkelheit unauffindbar begraben.
Irgendwann hat der Mist eh ein Ende.
~ Lupus Terre
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