Sonntag, 16. September 2012

Akzeptanz


Heute, Eduard, hättest du Geburtstag.
Heute, mein lieber Freund, wärst du 19 Jahre alt geworden.
Heute, mein Bruder, bist du aber nicht hier.
Vor nunmehr 4 Monaten geschah es, als die Welt für mich unterging, weil du beschlossen hattest deinem Leben vorzeitig ein Ende zu setzen.
Die gesamte Zeit seitdem gleicht postapokalyptischen Zuständen - zumindest in der Gefühlswelt.
In den Menschen, die dir nahe gewesen sind, ist nur noch eine leblose, trockene Wüste voller Trümmer vorzufinden.
manche sogar, wissen nicht mehr, was das Wort "Freude" bedeutet.
Der Tag, jener Tag erschütterte uns und riss nicht bloß ein gewaltiges Loch in unsere Herzen, sondern verfärbte es auch schwarz.
Wir bluten, wir weinen, wir trauern still, aber wir lachen nicht.
Wir vermissen dich so sehr, dass wir manchmal denken, dich irgendwo munter umher wandern zu sehen. Doch dies stellt sich als bittere Enttäuschung dar, und auf den süßen Geschmack der Freude dich wiederzusehen, folgt ein erbitterter Schlag, der uns wieder zurück in die beklemmende Finsternis stößt, aus der wir versuchen zu entkommen.
Es ist schwer, hart, gewaltig. Keine Worte könnten diesen Zustand angemessen beschreiben. Keinem Feind würde ich das wünschen. Niemand sollte erleiden müssen, was wir wegen dir erleiden. Niemand kann einem wirklich helfen, sobald man in das Loch gestürzt ist. Man muss es alleine - aus eigener Kraft - schaffen. Und es braucht viel Zeit. Zeit, die für die einen endlos zu sein scheint.
Es nagt an den Kräften, bis man keine mehr hat, um zu trauern, und keine für irgendetwas anderes. Man sitzt nur noch da und während man vor sich hin vegetiert, schreitet der innere Zerfall voran, der mit schwelender Hitze auch die letzten Fragmente einer zerbrochenen Person - wie wir sie sind - zu verbrennen weiß, sofern man es nicht schafft sich dagegen zu wehren, sich nicht gegen die fortschreitende Zerstörung zu verteidigen weiß, nicht in der Lage ist wenigstens sich selbst zu retten, wenn man schon nicht mächtig genug ist, andere zu retten. Doch es ist schwer darüber zu stehen, noch schwerer ist es, überhaupt dort hin zu kommen, wo man vor dem Schaden, den du angerichtet hast, Eduard, auch nur in Ansätzen sicher ist.
Vielleicht ist es unsere Schuld, dass wir dich so sehr in unsere Herzen geschlossen haben. Aber vielleicht ist es doch deine Schuld, da du keine Rücksicht genommen hast.
Es mag sein, dass viele denken, diese Tat sei eine rein persönliche Entscheidung. Doch das ist sie nicht. Alle Menschen sind in einem komplexen Netz aneinander angebunden, fällt einer aus diesem heraus, sind besonders jene betroffen, die dieser Person am nächsten standen. Es ist also keineswegs eine rein persönliche Entscheidung, es ist eine egoistische, die verheerenden Schaden anrichtet.
Und doch hast du es getan. Zuerst will man dies nicht wahrhaben und denkt, es sei eine Illusion, eine falsche Realität, aus der man wie aus einem Traum bald aufwacht. Doch man wacht nicht auf, man hört nicht auf diesen Schmerz zu spüren, man stellt bitter fest, dass diese falsche Realität nicht falsch ist, man merkt, dass es wahr ist, so sehr man sich auch etwas anderes wünscht und letztlich muss man sich in dieser Realität zuirecht finden.

Ich für meinen Teil kämpfe nicht mehr dagegen an und versuche nicht mehr mich vergeblich an der Vergangenheit festzuhalten, an dem, was ich mal war, was wir mal waren.
Ich öffne meine Augen der Gegenwart, der Realität, wie sie ist.
Eine Realität ohne dich.
Ich akzeptiere mit großem Schmerz, der mit jedem Atemzug in meiner Seele sticht, dass du fort bist und nie mehr wiederkehren wirst.
Ich akzeptiere es, dass du mich und die anderen verlassen hast und ich nichts tun kann, um das rückgängig zu machen.
Ich akzeptiere die Realität, wie sie ist.
Wenngleich ich es niemals werde gutheißen können,
akzeptiere ich, dass du tot bist.

Ich werde dich stets in Erinnerung behalten, mein Freund,
und unsere gemeinsamen Erlebnisse niemals vergessen.


Lupus Terre


 

1 Kommentar:

  1. Und ich dachte schon es sei seltsam ihn immer wieder in anderen, ihm mehr oder weniger ähnlichen Personen zu sehen und sich zu wundern, da das ja eigentlich nicht sein kann.
    Gestern hab ich mal wieder so eine Person gesehen und sie instinktiv angesprochen. Es führte zu einer seltsamen und bedrückenden Unterhaltung.

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